Bedrohte Demokratie – bedeutet mehr Sicherheit weniger Freiheit?
Interessierte Hörerinnen und Hörer finden auf dieser Seite weiterführende Informationen zu den einzelnen Sendungsthemen als Zusatzmaterial.
Die Materialien wurden zum Zugriffszeitpunkt 10.02.2017 erstellt von:
Markus Stegeman, Fachgebiet Wirtschaftsinformatik | Software Business & Information Management, Technische Universität Darmstadt
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Übersicht
1. Forschungsstudien
2. Industrienahe Studien
3. Sonstiges
3.1. Literatur
3.2. Video/Audio
3.3. Webseiten
3.4. Forschungsgruppen
3.5. Zeitschriften
4. Personen
1. Forschungsstudien
Demokraten aus Gewohnheit
Wächst die Unterstützung für ein politisches System mit der Zeit, in der Menschen in diesem System leben? Und welche Faktoren beeinflussen dies? Diesen Fragen geht eine Studie zweier Frankfurter Ökonomen auf den Grund. Das Ergebnis ist eindeutig: Je länger Menschen in einem bestimmten politischen System leben, desto positiver bewerten sie es. Funktionierende Demokratien sind also auf die breite Unterstützung der Bevölkerung angewiesen.
Für ihre Studie haben die Forscher die Aussagen von 380.000 Menschen aus 104 Ländern ausgewertet. Die Daten wurden von 1994 bis 2013 im Zuge der Values Surveys und der Afrobarometer Surveys erhoben. Das sind breite Umfrageprojekte, bei denen wirtschaftliche, politische und soziale Werte und Meinungen erfasst werden.
Quelle: Niewendick, Martin: Studie zur Demokratie-Akzeptanz. Demokraten aus Gewohnheit, Tagesspiegel Online, 06.03.2015
2. Industrienahe Studien
Mehr als 60 Prozent bezweifeln Demokratie in Deutschland
Einer Studie zufolge denken mehr als 60 Prozent der Bürger, dass in Deutschland keine echte Demokratie herrscht. Schuld sei der starke Einfluss der Wirtschaft auf die Politik, die mehr zu sagen habe als der Wähler. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap.
Jeder Dritte ist demnach davon überzeugt, dass der Kapitalismus zwangsläufig zu Armut und Hunger führe. Drei von zehn Befragten gaben an, sie könnten sich eine wirkliche Demokratie nur ohne Kapitalismus vorstellen. Wegen der zunehmenden Überwachung der Bürger sei Deutschland auf dem Weg in eine neue Diktatur, sagten 27 Prozent der Befragten.
Quelle: ZEIT Online: Mehr als 60 Prozent bezweifeln Demokratie in Deutschland, 23.02.2015
Demokratien weltweit unter Druck
Die Zeiten für Demokratien und soziale Marktwirtschaft werden rauer. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann-Stiftung. Die Konflikte rücken immer näher an Europa heran. Weltweit schränken immer mehr Regierungen zum Machterhalt Freiheit und Bürgerrechte ein. Dies gelte auch für eigentlich stabile Demokratien, in denen die Politik nicht mehr in der Lage sei, Konflikte zu entschärfen, heißt es in der Untersuchung.
Für den Index haben 250 Wissenschaftler anhand von 17 Kriterien die Entwicklung von 129 Entwicklungs- und Schwellenländern untersucht. Negativer Trend: Die Religion gewinnt immer mehr an Einfluss auf die Politik. Dies gelte zum Beispiel für die Türkei und Nigeria. Seit 2006 hat der Druck religiöser Dogmen in 53 Ländern zugenommen, nur in 12 Ländern nahm er ab.
Quelle: Handelsblatt: Bertelsmann-Studie. Demokratien weltweit unter Druck, 27.02.2016
3. Sonstiges
3.1. Literatur
Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung
In dem unten aufgeführten Dokument beschreibt die Bundesregierung ihre Strategie zur Extremismusprävention und Demokratieförderung. Die Regierung stellt darin entsprechende Entwicklungsperspektiven und Aufgaben vor.
So heißt es unter anderem: „Aufgabe der Bundesregierung ist es deshalb, sich extremistischen Tendenzen dauerhaft und nachhaltig entgegenzustellen und für eine friedfertige demokratische Gesellschaft einzutreten. … Nur wenn sicherheitsorientierte, präventive und demokratiefördernde Maßnahmen Hand in Hand gehen, kann der Kampf gegen jegliche Formen von Extremismus und für die Demokratie erfolgreich sein.“
Quelle: Die Bundesregierung: Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung, Juli 2016
3.2. Video/Audio
Sicherheit durch Überwachung?
Überwachung im Namen der Sicherheit: Schützt sie uns tatsächlich vor Gewalt? Und wie steht es dabei um unsere Freiheit? Entsprechende Diskussionen bewegen sich zwischen Paranoia und Sicherheitsrelevanz.
Dieser Beitrag der Sendung „odysso“ (SWR) beschäftigt sich mit u.a. mit der Akzeptanz von Überwachungskameras in der Bevölkerung und den Umgang mit persönlichen Daten.
Die NSA und ich – Warum die Total-Überwachung uns alle betrifft
Informationen über uns sind in der heutigen digitalisierten Welt kaum noch sicher. Seit den Enthüllungen des Amerikaners Edward Snowden ist klar: Wir alle können in einem kaum vorstellbaren Ausmaß überwacht und ausspioniert werden – nicht nur von der NSA.
In der Sendung „Faszination Wissen“ des Bayrischen Rundfunks (BR) werden Beispiele der Überwachung aufgezeigt und Methoden von Geheimdiensten diskutiert.
Link: http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/capriccio/capriccio-fremden-zimmer-100.html
3.3. Webseiten
Themenseite „Freiheit oder Sicherheit“ der Bundeszentrale für politische Bildung
Vorratsdatenspeicherung, Ganzkörper-Scanner, Übermittlung von Flugpassagier-Daten und die Online-Durchsuchung: Die Reaktionen auf die Bedrohung durch Terrorismus sind sehr vielfältig – auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Aber wie stark muss die Freiheit eingeschränkt werden, um Sicherheit zu gewährleisten? Welche Maßnahmen sind verhältnismäßig, welche überzogen?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Themenseite „Freiheit oder Sicherheit“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Sie umfasst neben Standpunkten verschiedener Experten auch eine Sammlung von Pressestimmen.
Link: http://www.bpb.de/internationales/europa/europa-kontrovers/38184/freiheit-oder-sicherheit
Sendung „Sicherheit oder Freiheit“ des Wissenspools „Quo vadis, BRD?“
Mit der stetigen Entwicklung der Digitaltechnik ist die Datenerfassung, Datenhaltung, Datenweitergabe und Datenanalyse immer einfacher geworden. Technische Entwicklungen wie Internet, Mobiltelefonie, Videoüberwachung und elektronische Zahlungsmethoden schaffen neue Möglichkeiten und leider auch neue Begehrlichkeiten. Ein Interesse an personenbezogenen Informationen haben sowohl staatliche Stellen als auch private Unternehmen.
Vor Übergriffen sowohl der einen wie der anderen Seiten sind wir im Prinzip durch verschiedene Grundrechte des Grundgesetzes geschützt. Doch von beiden Seiten wird versucht – legal oder illegal – diesen gewährleisteten Freiheits- und Personenschutz zu unterlaufen. Nicht nur seit Schäubles Amtszeit wird der Kernbereich der Grundrechte sehr eng definiert und die gesamte Bevölkerung der BRD zu Generalverdächtigen gemacht. Haben wir bereits eine Stasi 2.0? Wo verlaufen die Grenzen zu einem Überwachungsstaat?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Sendung „Sicherheit oder Freiheit“ des Wissenspools „Quo vadis, BRD?“. Neben der Sendung selbst stehen weitere Materialien wie Videos und Artikel zu Verfügung. Der Wissenspool beinhaltet zudem weitere Sendungen zu anderen Themengebieten wie z.B. Lobbyismus oder Bundeswehr.
3.4. Forschungsgruppen
Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg
Das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik ist eine eigenständige Forschungseinrichtung an der Universität Hamburg. Der Doppelbegriff im Institutsnamen unterstreicht die zentrale Arbeitshypothese: Friedenswahrung und Sicherheitsvorsorge bedingen sich wechselseitig. Sie können nicht unabhängig voneinander verfolgt werden. Dies galt für die inzwischen historische Konstellation des nuklearen Abschreckungsfriedens, es gilt ebenso für aktuelle Sicherheitsgefährdungen durch regionale Gewaltkonflikte, transnationalen Terrorismus oder die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Deshalb orientiert sich die Arbeit der Forschungsgruppe an einer sowohl leistungsstarken wie konsequent friedensverträglichen Sicherheitspolitik.
Link: https://ifsh.de/das-ifsh/profil/
Zentrum für Demokratie- und Friedensforschung der Universität Osnabrück
Das Zentrum für Demokratie- und Friedensforschung (ZeDF) der Universität Osnabrück befasst sich mit den normativen, soziokulturellen und politisch-institutionellen Grundlagen von Demokratie und Frieden – sowohl im Inneren von Gesellschaften (innergesellschaftlicher Friede) als auch mit Blick auf das friedliche Zusammenleben von Staaten und Gesellschaften (internationaler Frieden). Das ZeDF ist im Bereich der Demokratie-, Friedens- und Konfliktforschung sowohl in Lehre und Forschung als auch mit Blick auf öffentliche Veranstaltungen aktiv.
Link: http://www.zedf.uni-osnabrueck.de/
3.5. Zeitschriften
So schafft sich unsere Demokratie ab
„Im Zweifel für die Sicherheit!“ Dieser Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschreibt die allgemeine Politikrichtung in Zeiten von Bedrohung. Ob nach den Anschlägen im September 2001 in den USA, den Londoner, Madrider oder nun den Pariser Anschlägen, die Innenpolitik reagiert unabhängig von ihrer parteipolitischen Prägung: Sicherheitsmaßnahmen werden ausgebaut, Polizeigewalt und Befugnisse der Sicherheitsdienste erhöht. Es werden gesetzliche Sicherheitsregelungen verabschiedet, die in Zeiten ohne Bedrohung nicht durchsetzbar wären.
Das alles geht zu Lasten der Freiheit, die ein Kernelement von Demokratien ist. Aber was passiert, wenn die Zeit der akuten Bedrohung vorbei ist? Dieser Gastbeitrag diskutiert innenpolitische Maßnahmen und ihre Auswirkungen.
Quelle: König, Thomas: So schafft sich unsere Demokratie ab, ZEIT Online, 20.11.2015
Link: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-11/terror-sicherheit-deutschland-gesetze-freiheit
Putschversuch in Libyen – Lieber Sicherheit als Demokratie
Abgeordnete von Libyens ehemaligem Parlament, dem Nationalkongress (GNC), haben sich im Oktober 2016 ein Jahr nach Amtsniederlegung wieder zur Regierung erklärt und den Notstand ausgerufen. GNC-Chef Chalifa Ghwell zeigte sich überraschend vor der Kamera des religiösen TV Senders Tanasah TV.
„Wir starten hiermit eine historische Kampagne zur Rettung Libyens. Wir werden dazu auch mit Partnern aus dem Osten des Landes sprechen und eine Präsidialgarde aufstellen“, kündigte er an. Ghwell hatte im Sommer 2014 mit der islamistischen Gruppe Fajr Libya schon einmal die Macht in Tripolis mit Waffengewalt an sich gerissen.
Quelle: Keilberth, Mirco: Putschversuch in Libyen. Lieber Sicherheit als Demokratie, TAZ, 17.10.2016
Link: http://www.taz.de/!5345679/
Sensburg zum neuen BND-Gesetz: „Ein guter Tag für die Demokratie“
Es sei gut, dass das Parlament klare Regeln festgelegt habe, was Nachrichtendienste dürften und wie die Kontrolle zu erfolgen habe, sagt der CDU-Politiker Patrick Sensbur. Die Bundesrepublik sei das einzige Land, das ein solches Gesetz habe. Andere Staaten könnten sich dies zum Vorbild nehmen.
Sensburg verteidigte auch die Änderung, dass der Bundesnachrichtendienst die Daten an deutschen Knotenpunkten des Internets künftig vollständig erfassen darf. Dass bisher nur 20 Prozent der Kapazität genutzt werden konnten, sei ineffektiv gewesen, „weil man gar nicht feststellen konnte, was ist denn die Kapazität“, welche Kommunikation habe man „tatsächlich auf einer Leitung“, so die Meinung des CDU-Abgeordneten. Die Beschränkung habe keinen Sinn gehabt und sei daher rausgenommen worden.
Unter folgendem Link finden Sie das vollständige Interview mit Patrick Sensbur.
Quelle: Rohde, Stephanie: Sensburg (CDU) zum neuen BND-Gesetz. „Ein guter Tag für die Demokratie“, Deutschlandfunk, 22.10.2016
Hier kommt die Skepsispolizei
„Überwacht, was euch überwacht!“ Klingt richtig. Doch das notorische Misstrauen gegenüber den Institutionen ist zu einer Gefahr für die Demokratie geworden.
Weil die Überwachung aller Bürger mittlerweile von einer verfassungswidrigen Geheimdienstpraxis zu einer psychischen Kondition geworden ist, eskaliert das Misstrauen, das totalitäre Staaten schüren. Wenn sich Bürger zu Kontrolltrupps zusammenschließen, um den Abgeordneten vor ihren Büros aufzulauern und an ihre Wahlversprechen zu erinnern, dann ist das eher keine Skepsis mehr. Dann ist das wie bei jeder anderen Bürgerwehr auch: Misstrauen, Hilflosigkeit und paranoider Aktionismus. Paniksymptome einer gefährdeten Demokratie.
Quelle: Stephan, Felix: Überwachung. Hier kommt die Skepsispolizei, ZEIT Online, 11.05.2015
Link: http://www.zeit.de/kultur/2015-05/ueberwachung-misstrauen-demokratie
Sicherheit in Freiheit
Drei von vier Bürgern fühlen sich in Deutschland sicher – ein Wert, der nur auf den ersten Blick beruhigt. Wenn jeder Vierte sich nicht mehr sicher fühlt, dann bedarf es einer sorgfältigen Beschäftigung mit den Ursachen für diese Fehlwahrnehmung. Denn eine Fehlwahrnehmung ist es – weil es Deutschland noch vergleichbar gut geht. Die Arbeitslosigkeit liegt bei nur fünf Prozent. Die Inflationsrate ist zwar leicht gestiegen, liegt aber immer noch deutlich unter zwei Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt steigt weiter, die Außenwirtschaft läuft sehr gut.
In seinem Kommentar zu den Grundwerten der Demokratie befasst sich NW-Chefredakteur Thomas Seim unter anderem mit den jüngsten Beispielen von Terrorismus und organisierter Kriminalität. Seiner Ansicht nach kann die deutsche Sicherheitsstruktur beidem derzeit nicht ausreichend entgegenwirken.
Quelle: Seim, Thomas: Kommentar zu den Grundwerten der Demokratie. Sicherheit in Freiheit, Neue Westfälische, 08.01.2017
4. Personen
Im Januar 2013 schreibt Edward Snowden eine anonyme E-Mail an die Dokumentarfilmerin Laura Poitras, die an einem Film über Whistleblower sitzt. Er verrät ihr nicht, für wen er arbeitet, verspricht aber brisantes Material. Am 1. Juni trifft sich Snowden mit Poitras und zwei Journalisten des britischen Guardian in einem Fünf-Sterne-Hotel in Hongkong. Keiner der Besucher ahnt, dass dies die größte Geschichte ihres Lebens werden wird. Keiner von ihnen weiß, wer der Mann ist.
Edward Snowden ist ein ehemaliger Agent, der als technische Fachkraft für die US-amerikanischen Geheimdienste CIA, NSA und DIA gearbeitet hat. Seine Enthüllungen geben Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten – überwiegend jenen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens.
In einem Videointerview erzählt Snowden: „Irgendwann stellt man fest, dass man Rechtsbrüche gesehen hat, und will darüber reden. Aber je mehr man darüber redet, desto häufiger wird einem gesagt, dass es doch nicht so schlimm sei. Bis man an den Punkt kommt, zu sagen, dass darüber die Öffentlichkeit und nicht Angestellte der Regierung zu entscheiden haben.“
Quelle: Pham, Khuê; Wefing, Heinrich: Edward Snowden. Sein geheimes Leben, 27.06.2013